Die Spannung ist im großen Foyer des Saalbaus deutlich spürbar. Auf was hat man sich hier eingelassen? Um was geht es eigentlich? Ob die Landjugend wirklich einen weiteren Riesenerfolg auf die Bühne bringen kann?

SIE KANN – darüber waren sich danach alle einig. Als nach 90 super schnell vergangenen Minuten die Zuschauer in Jubelrufe ausbrachen, gab es keinen Zweifel mehr. Das Stück hatte auch die letzten Skeptiker restlos überzeugt. Die Landjugend RheinhessenPfalz hat in der ihr eigenen Art Altes mit Neuem verknüpft, aktuelle- und agrar politische Themen witzig aber durchschlagkräftig angebracht und dabei noch für Spaß und Stimmung gesorgt.

Wie das gemacht wurde? Nun, sie entführte ins Reich der Gebrüder Grimm, wo ja bekanntlich alles nur  „märchenhaft“ ist.  Alles? Nein, nicht wenn die Landjugend am Werk ist. Da wird aus dem Monarchen schnell „König Kurt“ der sein großen Reich verlassen musst, weil ihn seine Frau „Königen Angela“  vertrieben hat; da wird aus dem tumben Spieglein an der Wand ein zickiger Spiegel, der alle Infos ausgoogelt und den König um die Ecke bringen will, da gibt es 7 Zwerge, die ein runtergekommenes Weingut mehr schlecht als recht führen und es gibt Schneewittchen, der unbestritten schlauste Kopf der Welt.

Der Handlungsstrang lehnt sich dem Klassiker an. Schneewittchen soll umgebracht werden, entkommt und stößt auf die 7 Zwerge, wird vergiftet und vom schönen Prinz errettet.  Die Probleme liegen im Detail. Wie kann man das Mädchen mit einem Apfel um die Ecke bringen, wenn es nur ausgesuchte Bioäpfel verzehrt? Gibt es evtl. eine genmanipulierte Tomate, die es von innen her auffrisst?  Auch die Auftragskiller Rudolf Wolf und Jamie Blond scheitern kläglich – Schneewittchen entkommt in den Wald. Zum Glück trifft sie auf Rapunzels Beauty Tower, der eigentlich nur für Prinzen gedacht ist, aber bei so einem eindeutigen Notfall in Sachen Styling, macht Rapu gerne eine Ausnahme. Zudem hat sie noch einige Fragen an das schlaue Schneewittchen.“Hilf mir Schneewittchen – ich will die Welt versteh’n / Ich will gerne wissen – wo soll ich einkaufen geh’n“. „Es ist doch gar nicht schwer: du musst nur schau’n: / wo kommt dein Essen her? / Warum das Obst denn mit dem Flieger aus Bahrain / Und mein Gemüse – wo soll das besser her sein/ Als von Herrn Becke - / dem Bauern vom Hof grad‘ um die Ecke/“  

Frisch als Geschäftsfrau gestylt übernimmt Schneewittchen das heruntergekommene Weingut der 7 Zwerge und macht daraus die viel umjubelte „7hills Winery“.  Trotz allem erwischt sie das Gift, in Form einer Flasche Wein. Fern aus der Stadt kommt der schöne Prinz (sein Ferrari hat den Geist aufgegeben  und er braucht eigentlich nur Kühlwasser) und erweckt Schneewittchen. Die Hochzeit ist auch (leider) gleichzeitig das Ende des Stückes.

Unglaublich was die Kulissenbauer hier in Eigenregie geleistet haben.  Alleine der Thron von König Kurt ist mehr als 3 Meter groß, Rapus Beauty Tower über 6 Meter hoch. Das liebevoll gestaltete Heim der Zwerge ist ein Hingucker, genau wie der Schnellimbiss „McHex“ mitten im Wald. Die professionell gestalteten Bühnenbilder sind hinreißend und die Kostüme phantastisch ausgewählt. Die Mettwurstkette für den immer hungrigen König Kurt genauso wie die rosa Seidenbluse des Zwerges Dietmar. Sensationell auch die Tanz und Gesangseinlagen der Darsteller . Ganz vom Hocker gerissen wurden die meisten von den meisterhaft eingespielten Videos und Präsentationen. Auf einem übergroßen Bildschirm konnte man die Auswahl der Auftragskiller miterleben („Gehen wir doch mal die Liste der bekanntesten Killer durch.“), sehen, wie Schneewittchen im Beauty Salon gestylt wird, verfolgen, wie Schneewittchen in einer ausgedehnten Businesspräsentation das Weingut umkrempelt und vieles mehr.

Ein Mitarbeiter des Saalbaus hat es so formuliert: „Ich fand es ganz toll, mit welchem Engagement und welcher Professionalität ihr an die Sache ran gegangen seid. So viel Elan und Begeisterung fürs Theater hab ich selten erlebt, und hat mich sehr beeindruckt. Dem kann man sich nur anschließen und mit den Worten des BWV-Präsidenten Norbert Schindler enden:“ Ich verneige mich vor dieser außergewöhnlichen Arbeit der Landjugend!“